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Teilweise Rückkehr des § 129 BetrVG

- 13. April 2022 -
Arbeitszeit
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Fotocredits: Photo by Jonas Jacobsson on Unsplash

Vorübergehende Möglichkeit zur Durchführung virtueller Betriebsversammlungen und Einigungsstellen.

Der Bundesrat hat am 10. Dezember 2021 überraschend der vorübergehenden – teilweisen – Wiedereinführung des § 129 BetrVG zugestimmt.

Virtuelle Betriebsversammlungen

Damit können Betriebsversammlungen im Sinne des § 42 BetrVG ab sofort wieder mittels „audiovisueller Einrichtungen“ durchgeführt werden. Selbiges gilt für Jugend- und Auszubildendenversammlungen gemäß § 71 BetrVG sowie für Betriebsräteversammlungen im Sinne des § 53 BetrVG.

Voraussetzung für die Durchführung derartiger virtueller Versammlungen ist, dass nur teilnahmeberechtige Personen Kenntnis vom Inhalt der Zusammenkunft nehmen können. Eine Aufzeichnung der Versammlung ist ausdrücklich unzulässig, § 129 Abs. 1 S. 2 BetrVG.

Hinweis:
Gemäß § 43 Abs. 1 BetrVG hat der Betriebsrat „einmal in jedem Kalendervierteljahr eine Betriebsversammlung einzuberufen“. Die Durchführung regelmäßiger Betriebsversammlungen gehört zu den gesetzlichen Pflichten des Betriebsrats. Das pflichtwidrige Unterlassen einer Betriebsversammlung kann eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 1, 3 BetrVG darstellen.

Betriebsräte, die aufgrund der anhaltenden Covid19-Pandemie ihrer Pflicht zur Durchführung regelmäßiger Betriebsversammlungen bislang nicht oder nur teilweise nachgekommen sind, sollten die Möglichkeit der virtuellen Betriebsversammlung daher dringend nutzen.

Keine virtuellen Betriebsratssitzungen nach § 129 BetrVG

Während die Übergangsvorschrift des § 129 BetrVG bis zum 30. Juni 2021 insbesondere als Grundlage für die Durchführung virtueller Betriebsratssitzungen genutzt wurde, hat der Gesetzgeber nunmehr auf die Aufnahme einer entsprechenden Anspruchsgrundlage verzichtet.

Grund dafür dürfte die im Rahmen des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes mit Wirkung zum 18. Juni 2021 eingeführte Ergänzung des bestehenden § 30 BetrVG sein. Damit hat der Gesetzgeber die Durchführung virtueller Betriebsratssitzungen – unabhängig von einer pandemischen Lage – langfristig ermöglicht. Jedenfalls in der Theorie. (Wir berichteten: https://the-ewcc.de/virtuelle-betriebsratssitzungen)

Die Durchführung virtueller Betriebsratssitzungen ist demzufolge weiterhin nur unter den strengeren Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 BetrVG zulässig.

Hinweis:
Gemäß § 30 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG müssen die Voraussetzungen für die Teilnahme an einer virtuellen Betriebsratssitzung in der Geschäftsordnung unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung festgelegt werden. Existiert bislang keine Regelung zur Durchführung von virtuellen Betriebsratssitzungen, kann eine entsprechende Geschäftsordnung – trotz der anhaltenden Covid19-Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen – ausschließlich in einer Präsenzsitzung beschlossen werden.

Virtuelle Einigungsstellen

Mit der Rückkehr des § 129 BetrVG ermöglicht der Gesetzgeber zugleich erneut die Teilnahme an Sitzungen der Einigungsstelle mittels Video- und Telefonkonferenz, sofern sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Eine etwaige Aufzeichnung der Konferenz ist in diesem Falle ebenfalls unzulässig, § 129 Abs. 2 S. 2 BetrVG.

Zeitliche Befristung

Die Vorschrift des § 129 BetrVG ist zunächst zeitlich befristet bis zum Ablauf des 19.03.2022. Der Bundestag kann die Frist durch einen im Bundesgesetzblatt bekannt zu machenden Beschluss einmalig um bis zu drei Monate verlängern, § 129 Abs. 3 BetrVG.

Hinweis:
Mit der Entscheidung des Gesetzgebers, den § 129 BetrVG – zumindest in geänderter Form – vorübergehend zurückkehren zu lassen, dürfte auch die Diskussion um die Frage, ob die Durchführung virtueller Betriebsversammlung trotz des zwischenzeitlichen Außerkrafttretens der Übergangsvorschrift zulässig war, beendet sein.

Mit der Wiedereinführung des § 129 BetrVG stellt der Gesetzgeber erneut klar, dass die Durchführung einer Betriebsversammlung in Präsenzform der gesetzliche Regelfall des § 42 BetrVG darstellt.

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