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Mitglieder des Betriebsrats haften für ihr Gremium

- 15. Januar 2023 -
Arbeitsschutz
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Fotocredits: Photo by Lukas Blazek on Unsplash

Wenn es dem Betriebsrat ans Geld geht: Haftungsrechtliche Risiken für Betriebsratsmitglieder.

Das berühmte Baustellenschild mit der Aufschrift „Eltern haften für ihre Kinder“ kennt jeder. Tatsächlich handelt es sich hierbei nicht um eine Einstandspflicht für etwaige Verfehlungen des eigenen Nachwuchses, sondern um eine Haftung für persönliches Fehlverhalten – die Verletzung der Aufsichtspflicht. Weitaus weniger bekannt ist dagegen der Slogan „Mitglieder des Betriebsrats haften für ihr Gremium“. Wir werfen einen Blick auf potentielle haftungsrechtliche Risiken für Betriebsratsmitglieder.

Wegweisendes Urteil

2012 ging ein Raunen durch die Betriebsratsgremien des Landes. Auslöser war ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs, das erstmals eine Haftung von Betriebsratsmitgliedern für Honorarforderungen externer Berater bejahte (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2012 – III ZR 266/11). Hintergrund war die Beauftragung einer wirtschaftlichen Beratungsgesellschaft, die im Zuge mehrerer innerbetrieblicher Umstrukturierungsmaßnahmen vom Betriebsrat als wirtschaftliche Sachverständige hinzugezogen worden war.

Für die geleisteten Dienste stellte die Beratungsgesellschaft schließlich einen Betrag von mehr als 80.000 Euro in Rechnung, dessen Übernahme die Arbeitgeberin – mit Verweis auf die mangelnde Erforderlichkeit der Beauftragung – ablehnte. Die Beratungsgesellschaft klagte daraufhin die offenen Honorarforderungen vor dem Zivilgericht ein und nahm den Betriebsrat sowie dessen Vorsitzenden und seine Stellvertreterin als Vertragspartner in Anspruch. Nachdem die Beratungsgesellschaft in zwei Instanzen zunächst erfolglos geklagte hatte, bejahte der BGH letztlich eine – jedenfalls teilweise – Einstandspflicht der Betriebsratsmitglieder in entsprechender Anwendung der Grundsätze zum sog. „Vertreter ohne Vertretungsmacht“.

Keine Regelung im BetrVG

Betrachtet man die zivilrechtlichen Haftungsmöglichkeiten für Betriebsräte und deren Mitglieder, wird schnell klar, dass das Betriebsverfassungsrecht selbst hierzu keinerlei Vorschriften enthält. Vielmehr bedarf es eines Rückgriffs auf die allgemeinen Regelungen des Zivilrechts.

Keine Haftung des Kollegialorgans

Einigkeit besteht insoweit, als dass der Betriebsrat als Kollegialorgan weder gegenüber der Arbeitgeberin noch gegenüber einem Dritten für etwaiges Fehlverhalten haftbar gemacht werden kann. Hintergrund ist die fehlende generelle Rechts- und Vermögenfähigkeit des Betriebsrats. Während es dem Gremium an einer solchen Fähigkeit mangelt, sind die Mitglieder des Betriebsrats sowohl geschäfts- als auch vermögensfähig. Daher können sie für etwaige amtsbezogene Pflichtverletzungen grundsätzlich in Anspruch genommen werden.

Während der BGH die Haftung gegenüber Dritten, insbesondere gegenüber externen Beratern und Sachverständigen, bereits 2012 bejaht hat, ist die Haftung der Betriebsratsmitglieder gegenüber der Arbeitgeberin bislang nicht höchstrichterlich entschieden.

Deliktsrechtliche Haftung

Klar ist, dass die oben beschriebene Haftung als „Vertreter ohne Vertretungsmacht“ bereits aus dogmatischen Gründen im Binnenverhältnis zur Arbeitgeberin keine Anwendung finden kann. Die von arbeitgebernahen Stimmen in der Literatur favorisiert persönliche Haftung von Betriebsratsmitgliedern in entsprechender Anwendung aktien- oder vereinsrechtlicher Vorschriften konnte sich in der Rechtsprechung bislang ebenfalls nicht durchsetzen.

Als haftungsrechtliche Grundlage für die Inanspruchnahme von Betriebsratsmitgliedern durch die  Arbeitgeberin verbleiben damit die Vorschriften des Deliktsrechts. Hierzu hat das LAG Nürnberg 2017 festgestellt, dass ein „rechtsmissbräuchlicher Verstoß gegen den Grundsatz, die Arbeitgeberin nicht mit unnötigen Kosten zu belasten, zu einem Regressanspruch […] nach § 826 BGB“ führen kann (vgl. LAG Nürnberg, Beschluss vom 19.09.2017 – 2 TaBv 75/16). Der hierfür erforderliche Nachweis des Schädigungsvorsatzes auf Seiten der Betriebsratsmitglieder dürfte der Arbeitgeberin jedoch in den seltensten Fällen gelingen.

Vorrang des § 23 Abs. 1 BetrVG

Für etwaige amtsbezogene Pflichtverletzungen im Binnenverhältnis zur Arbeitgeberin ist diese damit im Ergebnis oftmals auf die Anwendung der nicht-haftungsrechtlichen Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes – allen voran § 23 Abs. 1 BetrVG – beschränkt. Richtigerweise sind der Ausschluss aus dem Betriebsrat (oder in Extremfällen dessen Auflösung) die treffenden Reaktionsmöglichkeiten der Arbeitgeberin auf eine etwaige Verletzung von Amtspflichten. Eine unbeschränkte persönliche Haftung von Betriebsratsmitgliedern ist mit dem ehrenamtlichen Charakter des Betriebsratsmandats und der damit verbundenen Intention der Wahrung des Unabhängigkeitsgrundsatzes schlichtweg nicht vereinbar.

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