Sportarbeitsrecht ist zugegeben keine leichte Kost. Angefangen von der Frage nach dem sozialversicherungsrechtlichen Status von Profi- und Amateursportler*innen über die Rechtswegkompetenz der Arbeitsgerichte bis hin zur Anwendbarkeit des Mindestlohngesetzes im Amateursport.
Unstreitig ist inzwischen – jedenfalls nach deutscher Rechtsauffassung – die Einordnung von Lizenzfußballspieler*innen als Arbeitnehmende. Damit geht die Anwendbarkeit diverser Arbeitsschutzrecht einher. Neben dem Kündigungsschutzgesetz und dem Teilzeit- und Befristungsgesetz findet insbesondere auch das Mutterschutzgesetz Anwendung.
Auch die im Januar 2021 von der Fifa eingeführten obligatorischen Mutterschutzregeln sehen ein Mindestmaß an Rechten für schwangere Fußballerinnen vor. Eine etwas andere Rechtsauffassung vertritt jedoch scheinbar der französische Traditionsverein Olymique Lyon.
Sara Björk Gunnarsdóttir, isländische Rekordnationalspielerin, wechselte im Sommer 2020 vom VfL Wolfsburg nach Olymique Lyon. Und wurde schwanger. Nachdem sie im März 2021 ihre Schwangerschaft bekannt gegebenen und die Teilnahme am aktiven Spielbetrieb nach Rücksprache mit den Team-Ärzt*innen schließlich eingestellt hatte, stoppte der französische Traditionsverein von heute auf morgen die Gehaltszahlungen an Gunnarsdóttir.
Auch nach mehrmaliger Aufforderung erhielt Gunnarsdóttir lediglich einen Bruchteil ihres üblichen Gehalts. Ausgezahlt von einem französischen Sozialversicherungsträger. Doch die isländische Rekordnationalspielerin blieb hartnäckig und zog letztlich vor das Fußball Tribunal der FIFA. Dieses verurteilte Olympique Lyon kürzlich zur Nachzahlung von insgesamt 82.094,82 Euro an Sara Gunnarsdóttir.
In Deutschland sorgte zuletzt die Posse um den ehemaligen DFB Schiedsrichter Manuel Gräfe für medienwirksames Aufsehen. Gräfe beendete 2021 seine Karriere als DFB Schiedsrichter unfreiwillig, nachdem er die ungeschriebene, aber seit Jahrzehnten im DFB praktizierte Altersgrenze von 47 Jahren erreicht hatte.
Wie Sara Gunnarsdóttir blieb jedoch auch Manuel Gräfe beharrlich und verklagte den DFB schließlich wegen Altersdiskriminierung auf Schadensersatz in Höhe von 194.905 Euro. Das Landgericht Frankfurt am Main sah es schließlich als erwiesen an, dass dem Alter von Gräfe bei der Nichtberücksichtigung für die Schiedsrichterlinie der Saison 2021/2022 eine nicht "ganz unwichtige Rolle zukam". Manuel Gräfe bekam daraufhin eine Entschädigung in Höhe von 48.500 Euro zugesprochen.
Zugegebenermaßen handelt es sich bei Manuel Gräfe in seiner Funktion als DFB Schiedsrichter nicht um einen Arbeitnehmer im herkömmlichen Sinne, weshalb sich die ordentlichen Gerichte mit dem zugrundeliegenden Sachverhalt zu beschäftigten hatten und nicht die Arbeitsgerichte.
Der Eindruck, den die Fälle von Gunnarsdóttir und Gräfe hinterlassen, ist jedoch identisch: Manche Vereine und Verbände scheinen sich an Gesetz und Ordnung weniger gebunden zu fühlen als andere. Ein Phänomen, das dem ein oder anderen Betriebsratsmitglied im Rahmen seiner täglichen Zusammenarbeit mit Arbeitgebenden bekannt vorkommen dürfte.