Der Beschluss des Betriebsrats ist der Dreh- und Angelpunkt seines Handelns. Nicht umsonst ist er Gegenstand nahezu jeder Betriebsratsschulung.
Folgen fehlerhafter und fehlender Betriebsratsbeschlüsse für Betriebsrat, Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber.
Der Beschluss des Betriebsrats ist der Dreh- und Angelpunkt seines Handelns. Nicht umsonst ist er Gegenstand nahezu jeder Betriebsratsschulung.
Grundsätzlich gilt, dass der Betriebsrat als sog. Kollegialorgan seinen gemeinsamen Willen ausschließlich durch Beschlüsse bildet.
Ein Beschluss des Betriebsrats ist lediglich dann verzichtbar, wenn es sich um Gegenstände der laufenden Geschäfte handelt, etwa um die Vorbereitung von Betriebsratssitzungen oder Betriebsversammlungen sowie die Entgegennahme von Anträgen des Arbeitgebers oder die Erledigung des allgemeinen Schriftverkehrs. Die Ausübung oder Geltendmachung betriebsverfassungsrechtlicher Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte setzt dagegen immer eine entsprechende Beschlussfassung des Betriebsrats voraus.
Hinweis: Der / Die Vorsitzende des Betriebsrats vertritt diesen stets nur „im Rahmen der von ihm gefassten Beschlüsse“, § 26 Abs. 2 S. 1 BetrVG. Der / Die Vorsitzende des Betriebsrats ist also ausschließlich „Vertreter*in in der Erklärung“.
Die Erfahrungen der arbeitsgerichtlichen Praxis zeigen, dass insbesondere vor den Arbeitsgerichten eingeleitete Beschlussverfahren aufgrund fehlerhafter Beschlussfassungen immer häufiger enden, bevor sie überhaupt begonnen haben. Doch nicht nur in diesem Zusammenhang können fehlerhafte Beschlüsse des Betriebsrats spürbare Folgen haben. Auch Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen können die Auswirkungen von Fehlern im Rahmen der Beschlussfassung zu spüren bekommen.
Voraussetzung für die Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens durch den Betriebsrat ist ein wirksamer Beschluss im Sinne des § 33 BetrVG. Selbiges gilt im Hinblick auf die Beauftragung des mit der Einleitung des Verfahrens beauftragten Rechtsanwalts. Liegt ein solcher Beschluss entweder nicht vor oder ist er fehlerhaft, ist der im Beschlussverfahren gestellte Antrag regelmäßig als unzulässig abzuweisen. Jedenfalls dann, wenn der Betriebsrat die Einleitung des Verfahrens nicht nachträglich – durch einen formwirksamen Beschluss – genehmigt.
Hinweis: Ein solcher Genehmigungsbeschluss des Betriebsrats ist grundsätzlich nur bis zum Ergehen einer erstinstanzlichen Prozessentscheidung möglich.
In personellen Angelegenheiten kommen dem Betriebsrat regelmäßig umfangreiche Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte zu.
So ist der Betriebsrat gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG vor jeder beabsichtigten Kündigung anzuhören. Je nachdem ob es sich um eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung handelt, hat der Betriebsrat ab ordnungsgemäßer Unterrichtung durch den Arbeitgeber sodann sieben bzw. drei Tage Zeit, sich zu der beabsichtigen Kündigung zu äußern. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt, § 102 Abs. 2 S. 2 BetrVG. Unterlässt der Arbeitgeber die Anhörung des Betriebsrats oder wartet er die Frist zur Stellungnahme nicht ab, ist eine gleichwohl erklärte Kündigung unwirksam, § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG.
Etwaige Mängel, die in diesem Zusammenhang im Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich des Betriebsrats entstehen, führen nach der sog. Sphären-Theorie des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich nicht zu einer Unwirksamkeit der Kündigung wegen fehlerhafter Anhörung. Dies gilt selbst dann nicht, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung weiß oder erkennen kann, dass der Betriebsrat die Angelegenheit nicht fehlerfrei behandelt hat (vgl. BAG, Urteil vom 06.10.2005 2 AZR 316/04). Hintergrund ist die regelmäßig fehlende wirksame rechtliche Einflussmöglichkeit des Arbeitgebers auf die Beschlussfassung des Betriebsrats.
Hinweis: Eine Ausnahme von dem vorstehenden Grundsatz kommt – wenn überhaupt – nur dann in Betracht, wenn keine Stellungnahme des Gremiums als „Betriebsrat“ vorliegt, sondern erkennbar z. B. nur eine persönliche Äußerung des Betriebsratsvorsitzenden.
Neben der Mitbestimmung bei Kündigungen hat der Betriebsrat gemäß § 99 BetrVG im Zusammenhang mit den dort genannten personellen Einzelmaßnahmen die Möglichkeit, seine Zustimmung zu einer beabsichtigten Einzelmaßnahme zu verweigern. Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats bedarf insoweit selbstverständlich einer wirksamen Beschlussfassung. Erfolgt die Verweigerung der Zustimmung nicht form- und/oder fristgerecht, so ist sie unbeachtlich. Nach der Zustimmungsfiktion des § 99 Abs. 3 S. 2 BetrVG gilt die vom Arbeitgeber erbetene Zustimmung des Betriebsrats in diesem Fall als erteilt.
Hinweis: Nach Eintritt der Zustimmungsfiktion ist eine nachträgliche Genehmigung eines fehlerhaften Betriebsratsbeschlusses ausgeschlossen. Andernfalls würde der mit der Vorschrift des § 99 Abs. 3 S. 2 BetrVG verbundene Normzweck unterlaufen.
Die vom BAG im Rahmen des § 102 BetrVG entwickelte Sphärentheorie lässt sich nicht auf alle Fälle fehlerhafter Beschlussfassungen übertragen. Die Rechtsprechung lehnt eine Anwendung der Theorie insbesondere in den Fällen ab, in denen die positive Zustimmung des Betriebsrats – beispielsweise beim Abschluss einer Betriebsvereinbarung nach § 87 BetrVG – erforderlich ist.
So hat das BAG jüngst entschieden, dass die Sphärentheorie insbesondere nicht zum Tragen kommt, wenn der / die Vorsitzende des Betriebsrats eine Betriebsvereinbarung unterzeichnet, die nicht auf einem zuvor vom Gremium gefassten Beschluss beruht. Eine dahingehende Erklärung des / der Betriebsratsvorsitzenden kann dem Betriebsrat insbesondere nicht nach den Grundsätzen einer Anscheinsvollmacht zurechnet werden (vgl. BAG, Urteil vom 08.02.2022 – 1 AZR 233/21).
Hinweis: Die von dem / der Betriebsratsvorsitzenden ohne vorherige Beschlussfassung abgegebenen Erklärung ist entsprechend § 177 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam. Der Betriebsrat kann diese entsprechend § 184 Abs. 1 BGB durch ordnungsgemäßen Beschluss nachträglich genehmigen. In diesem Fall wirkt die Genehmigung auf den Zeitpunkt der Unterzeichnung der Betriebsvereinbarung zurück.
Die Bedeutung des Betriebsratsbeschlusses sowohl für die Arbeit des Gremiums als auch für alle übrigen Beteiligten, sei es der Arbeitgeber oder die Arbeitnehmer*innen, lässt sich nicht oft genug betonen.