Neues zur Betriebsratsvergütung

- 21. November 2023 -
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Fotocredits: stock.adobe.com

Was darf ein Betriebsrat verdienen? Das haben sich schon Ralf Scholten und Andre von Ossowski hier in Folge #4 unseres Podcasts „Mitbestimmung on Air“ gefragt. Nun mischt sich auch der Gesetzgeber ein, die Bundesregierung hat einen Entwurf zur Änderung des BetrVG verabschiedet. Aber nochmal von vorn…

Entscheidung des BGH

Im Januar 2023 beschäftigte sich der Bundesgerichtshof mit dem Vorwurf der Untreue gegen Unternehmensverantwortliche von Volkswagen. Kann die Zahlung überhöhter Vergütung für Betriebsräte den Tatbestand der Untreue erfüllen? Ja, sagt der BGH. Er erkannte, dass der objektive Tatbestand der Untreue erfüllt sein kann, „wenn ein Vorstand oder Prokurist einer Aktiengesellschaft unter Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot (§ 78 S. 2 BetrVG) einem Mitglied des Betriebsrats ein überhöhtes Arbeitsentgelt gewährt.“ In dem Urteil befasste sich das Gericht mit der Vergleichsgruppenvergütung aus § 37 Abs. 4 BetrVG und stellte diese als Regelfall für die Vergütung freigestellter Betriebsratsmitglieder dar. Dabei handelt es sich hierbei nur um die Ausnahme – die Vergleichsgruppenbetrachtung soll herangezogen werden, wenn die hypothetische Vergütung nach § 78 BetrVG nicht bewiesen werden kann. Das Urteil sorgte für enormes Aufsehen. Und führte zur Einsetzung einer Expertenkommission…

Die Vorschläge der Expertenkommission

Bundesarbeitsminister Heil hatte nach dem Urteil eine dreiköpfige Kommission unter Vorsitz von Herrn Prof. Dr. Rainer Schlegel, Präsident des Bundessozialgerichts, sowie den Mitgliedern Frau Ingrid Schmidt, Präsidentin des Bundesarbeits­gerichts a.D. und Prof. Dr. Gregor Thüsing, Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und das Recht der sozialen Sicherheit, Universität Bonn, eingesetzt. Die Kommission hat einen Bericht zur „Rechtssicherheit in der Betriebsratsvergütung“ erarbeitet und darin konkrete Änderungsvorschläge für § 37 Abs. 4 und § 78 BetrVG gemacht, die hier nachlesbar sind. Im Wesentlichen hat die Kommission keine Veränderung, sondern eine Klarstellung vorgeschlagen. Die Vergleichsgruppenbetrachtung rückt (ähnlich wie in der BGH-Entscheidung) in den Vordergrund. Neu ist, dass die Vergleichsgruppenbildung in einer Betriebsvereinbarung definiert werden kann und dann nur noch eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist.

Entwurf der Bundesregierung

Der nun von der Bundesregierung beschlossene Entwurf ist nahezu wortgleich zum Vorschlag der Expertenkommission und kann hier nachgelesen werden.

Viele Praxisprobleme bleiben dadurch leider ungelöst und zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmen werden nicht abgeholt. Dass Ausgangspunkt für diese Debatte ein Extrembeispiel vom fünftgrößten Arbeitgeber in Deutschland war, kriegen viele Betriebe zu spüren. In den Hintergrund gerückt ist der ursprüngliche Gedanke des Gesetzgebers: der Regelfall ist die Betrachtung der hypothetischen Gehaltsentwicklung nach § 78 BetrVG, die Vergleichsgruppenbetrachtung sollte dem Schutz vor Benachteiligung von Betriebsratsmitgliedern dienen und eine Untergrenze darstellen. Der Ausreißer bei Volkswagen hat nun dazu geführt, dass der Fokus auf der Gefahr der Begünstigung liegt. Für die meisten Betriebsräte bedeutet das, dass Arbeitgeber übervorsichtig bei „normalen“ Gehaltserhöhungen werden. Dass sich dieses Problem durch die geplante Gesetzesänderung lösen wird, ist eher nicht zu erwarten…

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