Die Verschriftlichung von Mathematik hat noch nie komplizierter geklungen. Gleiches gilt im Übrigen für die parallele Vorschrift des § 15 WO.
Ungeachtet der inhaltlichen Komplexität, ist die Formulierung des Gesetzes auch deshalb so überraschend, weil das Bundesverfassungsgericht bereits 2017 den Schutz des sog. Dritten Geschlechts anerkannt hat (Beschluss vom 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16). Seit Dezember 2018 besteht in Deutschland die Möglichkeit, bei der Eintragung ins Personenstandsregister neben den Optionen „männlich“ und „weiblich“ auch die Alternative „divers“ anzugeben.
Im Gegensatz dazu scheinen das Betriebsverfassungsrecht sowie die Wahlordnung noch immer von einem mittlerweile überholten, binären Verständnis der Geschlechterordnung (Mann oder Frau) auszugehen. Jedenfalls im Hinblick auf die Berechnungsvorschrift des § 5 Abs. 1 WO. Übersehen werden darf dabei gewiss nicht, dass die Ausgangsregelung des § 15 Abs. 2 WO als solche geschlechtsneutral formuliert ist. Danach soll das „Geschlecht in der Minderheit“ seinem zahlenmäßigen Verhältnis entsprechend im Betriebsrat vertreten sein.
Aufgrund der offenen Formulierung des § 15 Abs. 2 WO sowie der bislang fehlenden Rechtsprechung haben sich unterschiedliche Meinungen entwickelt, wie mit dem Dritten Geschlecht im Rahmen der Betriebsratswahl umzugehen ist. Einerseits wird vertreten, das Dritte Geschlecht dürfe erst berücksichtigt werden, wenn aufgrund seines zahlenmäßigen Verhältnisses in der Belegschaft mindestens ein Betriebsratssitz auf dieses entfallen würde. Andererseits wird empfohlen, die beiden Geschlechter in der Minderheit „zu einem einheitlichen Geschlecht“ zu addieren.
Müssen sich die Wahlvorstände jetzt also entscheiden, welche Meinung sie überzeugender finden? Oder handelt es sich hier letztlich um eine theoretische Diskussion ohne praktische Relevanz?